Und jetzt alle!

Im Grunde hatte Caribou mit seinem letzten Album schon alles erreicht. Doch der studierte Mathematiker wollte die Fans auf seinen Konzerten noch ein bisschen mehr um den Verstand bringen. So wurde „Our Love“ geboren, das Electro-Album, das uns alle mit dem Ende des Sommers versöhnen wird.

Liebe, so viel Liebe! Dan Snaith alias Caribou hat davon jede Menge zu vergeben. Nach seinem letzten Album „Swim“, das alle Jahresbestenlisten 2010 anführte, und der dazugehörigen Single „Odessa“ tanzte die ganze Clubszene nach seiner Pfeife. Dabei ist der studierte Mathematiker alles andere als ein hipper Berghaini – eine Location, in der der Musiker demnächst ein schon lange ausverkauftes Konzert spielen wird.

Mit dem ambitionierten, flirrenden und kaum greifbaren Electro seines letzten Albums eroberte er die DJs, Clubmusik und Kritiker. Es folgten zahllose Konzerte und Festivals, und die Erkenntnis, dass (Electro-)Konzerte umso intensiver werden, je doller mit den Füßen gestampft wird. Und da Caribou ein schlauer Kopf ist – und als Daphni auch schon länger als DJ tätig – war ihm schnell klar, was es braucht, um seine Liebe unter die Leute zu bringen: Ein neues Album, ein bisschen zugänglicher, ein bisschen offener, ein bisschen simpler. Endorphine und Ekstase für alle.

Das Ergebnis heißt dann auch bezeichnenderweise „Our Love“ und kann die kunstvolle Klasse seines Vorgängers trotz neuer Eingängigkeit bewahren. Wer den Hype um Caribou damals nicht wirklich verstanden hat, der wird spätestens jetzt auf den Partyzug aufspringen. „Our Love“ würde, kunstvoll über drei Stunden gestreckt, ein perfektes Set für die Panoramabar ergeben. Die Single und Electro-Hymne „Can’t Do Without You“ wird dort – und überall anders – auch schon seit Wochen abgefeiert.

Doch auch das hypnotisch-träge „Silver“, das verspielte „All I Ever Need“ mit seinem vertrackten Rhythmus, der sphärische Titelsong, das nervöse „Julia Brightley“ oder das perkussive „Mars“ haben gleichermaßen Tanz- und Traumpotenzial. Es sind Tracks, die müde Beine wieder wach kriegen und Zwangstanzen befehlen. Einzig „Second Chance“ fällt aus dem Rahmen: Darauf gibt Jessy Lanza austauschbaren Mariah-Carey-Gesang zu cheesy Synthies. Vielleicht ging das Oxytocin da einfach mit Snaith durch.

Das Kuschelhormon bringt es auf den Punkt: Dieses Album nimmt den Hörer in den Arm, egal ob auf der Tanzfläche oder der Couch. Es glänzt mit seinen schüchternen Ohrwürmern, die clever und durchdacht sind, und trotzdem nicht anbiedernd wirken. „Our Love“ ist eine Überdosis Liebe für alle.

Fotocredit: Roland Owsnitzki

Text: Antonie Hänel

Veröffentlicht über die Nachrichtenagentur spot on news, u.a. Focus.de

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