Eclipse-Interview: Auf Augenhöhe

Seit 20 Jahren macht eclipse auf Festivals von der Fusion bis zum Garbicz die Leute wieder fit für die Party. Ein Gespräch über die Herausforderungen der psychedelischen Ambulanz und das Geschenk, eine Stütze sein zu dürfen.

Was ist die größte Herausforderung an eurem Job?

Scharif: Ich hab mal vier Stunden lang mit jemand etwas abseits vom eclipse-Zelt gestanden, der nicht wollte, dass ich weggehe aber auch nicht wollte, dass ich näher komme.

Eva: Ja, die größte Herausforderung ist, wenn jemand Angst hat und du stundenlang die Hand ausstreckst und damit klarkommen musst, dass er dir misstraut. Es fühlt sich aber auch gut an, wenn man das geschafft hat. Ich hatte auch mal so einen Fall, der nach Stunden dann zu mir meinte: „Du bist die einzige mit ehrlichen Augen.“

Scharif: Es gibt auch Leute, die werden sehr traurig.  Wenn gerade jemand neben dir das gesamte Leid der Welt durchfühlt und du das stützen musst ist das keine leichte Aufgabe.

Und wie kommt ihr da wieder raus?

Scharif: Bei manchen Zuständen ist es gar nicht so schlecht, wenn sie durchgefühlt werden. Es kann auch wertvoll sein, wenn man da durchtaucht und auf der anderen Seite wieder rauskommt, dann geht’s einem oft besser. Unsere Aufgabe ist vor allem, den Raum zu halten, einfach da zu sein und das zu bezeugen. Das ist der Unterschied zwischen „Downtalking“ und „Talking Through“. Gleichzeitig ist es aber auch wichtig: Wir machen keine Therapie, wir machen Begleitung.

Sind dabei schon Freundschaften entstanden?

Scharif: Ja klar. Wir haben auch viele Leute im Team, die den Laden kennen weil sie selber mal Unterstützung brauchten.

Gebt ihr Medikamente?

Scharif: Das ist nicht unsere Aufgabe. Ich bin ja auch Arzt und das geht aus ärztlicher Sicht gar nicht, weil man nicht weiß, welche Substanzen der Mensch genommen hat. Das läuft nur im Krankenhaus, unter Beobachtung. Unser Job ist es, zu verhindern, dass jemand ins Krankenhaus muss. Wir versuchen, geduldig zwischenmenschliche Unterstützung zu geben.

Eure Erfolgsquote?

Scharif: Dass jemand wirklich ins Krankenhaus eingewiesen muss, kommt nur sehr, sehr selten vor. Auf dem Garbicz war letztes Jahr einer, den haben wir begleitet und wieder abgeholt und da ist alles gut ausgegangen.

Wer darf bei euch mitmachen?

Scharif: Erstmal jeder. Normale Partygäste, die für andere Partygäste da sein wollen. Wir haben viele Psychologen oder Leute, die in der Suchthilfe arbeiten oder die soziale Arbeit studiert haben. Dass man selber Drogen Erfahrung hat ist bei eclipse keine Anforderung, aber es schadet auch nicht. Es gibt Menschen die haben es im Blut nach anderen zu schauen und die sammeln sich bei eclipse.

Warum wollt ihr lieber auf einem Festival arbeiten als feiern?

Eva: Weil es voll Bock macht, eine Stütze zu sein! Man knüpft so intensive Verbindungen und kriegt unglaublich viel zurück, das gibt’s bei keinem anderen Festival-Job. Ich glaub nicht, dass am nächsten Tag irgendwo jemand an die Bar kommt und sagt „Danke, du hast mir gestern so toll ein Bier gegeben!“

Foto: Maximiliane Wittek

Interview: Antonie Hänel

Dieser Text ist erstmals erschienen in der Garbicz Gazeta

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